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9. juli

Hans – Dein Pferd ruft!

Halbzeit, Riesenslalom um die Fjorde.

Heute ist Halbzeit. Unglaublich, was wir in den vergangenen 8 Tagen alles erleben durften! Kein Gedanke mehr an’s Büro. Das Weltgeschehen ist für einmal weiter weg als üblich und die Tage vergehen wie im Flug. Trotz der vielen zurückgelegten Kilometer bleibt die Freude und die Lust auf alles Kommende gigantisch.

Der Himmel über Tromsø ist grau. Unsere „Rössli“ finden in der Zwischenzeit Ihren Platz in der Marschkolonne ohne jegliche Hektik oder Bocksprünge. Einverstanden – ein kleiner Zwischenspurt unterwegs muss natürlich sein. Ein F8 Tributo würde ja verkümmern, wenn er nicht ab und an gekitzelt wird. Sein Fahrer übrigens auch!

Wir fahren Riesenslalom: Die Fjord-Arme erstrecken sich kilometerweit. Links geht’s der Flanke nach hinten, rechts dann gleich wieder nach vorne. In langgezogenen Schleifen geniessen wir unsere Fahrt. Die Ebbe lässt die trocken gefallenen Uferpartien aussehen wie Felder mit Heuballen. Felsen und grosse Steine stehen Skulpturen gleich auf sandigem Grund.

Roger Wilhalm’s elegante Meldung am Funk „Alle haben überholt“ ist stets das Signal für die Spitze, sich dem nächsten Wohnmobil von hinten zu nähern. Das Fauchen und Knurren unserer heissblütigen Ferrari macht hörbaren Eindruck – und verscheucht die fahrenden Wohnzimmersänften. Bloss ein „Ausländer“ aus Finnland hält stur seine Geschwindigkeit. Sein Versuch, die italienischen Bellezze zu zähmen, scheitert kläglich. Was bei uns zu Hause einem Ärgernis gleichkäme, ist für uns heute pure Freude. Wir überholen elegant und lassen ihn mit seinem „Chrutzli“ einfach stehen. Glücklicherweise wird er seinen Enkel nun aber erzählen können, nördlich des Polarkreises von 12 veritablen Ferrari überholt worden zu sein.

Rasenmäher knattern. Auch in Norwegen scheint der Kurzhaar-Schnitt des häuslichen Vorgartens stets an einem Samstag vorgenommen zu werden. Auffällig ist, dass dies in den meisten Fällen durch Damenhand geschieht. Zweifellos haben die Herren andere wichtige Verrichtungen auf dem Tagesplan. Sie ölen wohl die Schneeschleuder – und ihre trockenen Kehlen.

Wie ein gestrandeter Wal liegt der mächtige Bergrücken vor einem. Gleich dahinter streckt einem vorwitzigen Seehund ähnlich ein Bergmassiv seine abgerundeten Nasen gegen den Himmel. So wiederholen sich die Landschaftsbilder – und sind doch immer wieder anders, verblüffend, betörend schön, bedrohlich, mystisch.

„Hans – Dein Pferd ruft!“ – schallendes Gelächter gesellt sich zum durchdringenden Ton der Alarmsirene. Zum „zig“-ten Mal ertönt ein Fahrzeugalarm. Der F8 Tributo vermisst wohl seinen Reiter. Oder ist’s, weil wir uns gerade auf der Fähre befinden? Die halbstündige Fahrt über das Meer ist wohltuend. Beine vertreten, Kaffee trinken und die Aussicht geniessen.

Die Kargheit des nördlichsten Norwegens ist einem üppigen Grün gewichen. Wir treffen in Engan ein, unserem heutigen Etappenziel. Das Hotel liegt direkt an einem See und einem Wasserfall. Sein Rauschen wird uns heute in den Schlaf begleiten. Die guten Flaschen Wein aus Peter Schläppi’s heimischen Keller leisten bestimmt auch ihren Teil. Morgen wird der F12 erleichtert um die Kurven flitzen.

Im Interview: Clara und Walter Baltensperger

Im Ferrari ans Nordkap fahren, ist ja aussergewöhnlich. Wer aber diese Reise in einem 512 TR unter die Räder nimmt, ist „äs bitzeli“ verrückter als die Anderen.

Walter und Clara Baltensperger fahren beide ihren Gelben mit Wonne. Sie sind seit 1994 Mitglied im FOCS und der Testarossa steht gute 12 Jahre in ihrer Garage. Er gehörte vorher Willi Nussbaumer, ebenfalls ein FOCS-Mitglied. Mit Jahrgang 1995 und heute Abend exakt 76‘974 Kilometern auf dem Tacho ist der 512 TR das älteste aller teilnehmenden Fahrzeuge.

Was bedeutet für Euch die Teilnahme am „Hammerfäscht in Hammerfest“?

Walti: Für mich ist die Reise eine tolle Möglichkeit, die Freude am Ferrari mit einer Fahrt an einen geografischen Ort zu verbinden, wo ich noch nie war. Natürlich gehört auch die Kollegialität dazu.

Clara: Bei der Anmeldung fragten wir uns: schaffen wir das – so viele Kilometer zu fahren und dies in unserem TR 512? Als Walti die Ausschreibung sah, meinte er sofort: wir gehen! Heute kann ich sagen, dass unser Entscheid super war. Wir bereuen ihn keine Minute!

Was überrascht Euch bei Eurem Ferrari am Meisten auf dieser Reise?

Clara: Ich hatte Angst, dass die langen Tagesetappen uns ermüden würden. Heute bin ich erstaunt, dass alles so locker geht. Nichts tut weh und das Fahren in der Gruppe motiviert ungemein. Ich habe nie das Gefühl von „genug“, sondern freue mich auf die nächste Wegstrecke.

Was gefällt Euch am FOCS besonders?

Walti: Der FOCS entwickelt sich heute in eine Richtung, die mir gefällt!

Clara: Die tollen Events sowie eine gute Gesellschaft. Alle sind auf dem Boden geblieben. In unserer Reisegruppe kannte ich nicht viele. Alle sind aber überaus nette und interessante Personen. Beim gemütlichen Zusammensitzen tritt viel Faszinierendes zu Tage. Alle schauen zu einander. Wir sind eine richtig gute Gruppe!

Letzte Frage: Mit wie vielen Ferrari-Pferdestärken sind wir unterwegs? Schätzung in 3 Sekunden.


Walti: 7‘000 PS.

Walti ist ein schneller Rechner und trifft’s unheimlich genau: es sind exakt 7‘073 PS für unsere 12 Ferrari – zumindest auf dem Datenblatt! Genug… bis zum nächsten Wohnmobil.